„BKS“ - EINE SPRACHE ODER DOCH DREI?
Heimat
"Ja, aber wo kommst du EIGENTLICH her?"
Namen, Aussehen, ein gerolltest "R", und vieles weiteres wird oft als Grundlage genommen, um Personen zu kategorisieren. Diese Unterschiede in Selbstwahrnehmung und Reaktionen des Umfelds haben bei den Interviewpartner*innen für eine Auseinandersetzung mit dem Thema Heimat geführt.
Das Heimatkonzept ist außerdem stark verbunden mit der Zugehörigkeit, die wir in der ersten Frage analysieren. Es besteht ein Zwiespalt zwischen der österreichischen Identität und der Verbindung zum jeweiligen slawischen Staat. Beide interviewte Personen erwähnen Österreich als auch Kroatien/Bosnien als Teil ihrer Person, und gleichzeitig auch als Teil der Geschichte ihrer Familien. Durch ihr Umfeld wurden ihnen aber ebendiese Teile ihrer Person situationsabhängig zugeschrieben oder verweigert, weshalb negative Erfahrungen, besonders mit den österreichischen Aspekten, in den Vordergrund getreten sind in den Interviews.
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I: wie würdest du/ also was bedeutet eigentlich Heimat für dich und was bedeutet es im Bezug auf sprache?
M: ((ea)) ja Heimat war immer irgendwie bissl schwierig also Heimat • ich hab irgendwie nie wirklich • • ein großes Heimatgefühl entwickelt kommt mir vor • ahm Heimat wäre ja in meinem sinne Buch in Tirol das wär ja die gemeinde wo ich aufgewachsen bin aber ich glaub weder ich noch meine Brüder sind irgendwie • • wirklich emotional verbunden zu diesem Ort • ahm ich glaub das liegt halt auch einfach daran das wir halt immer irgendwie unbewusst • gewusst haben das wir halt • nicht wirklich ein teil davon sind • ahm wir haben auch • alle • eigentlich ziemlich • oft rassistische Erfahrungen gemacht in diesem dorf • vor allem mein älterer Bruder ahm • der war halt eben/ bei mir ich hab halt doch blaue augen und ahm und bin halt auch • also oft als Österreicherin durchgegangen so im ersten blick so ((lacht)) so eigentlich normal ((ea)) ahm • aber bei mein Bruder merkt man halt sofort das er halt nicht Österreicher ist • weil er hat halt doch lockiges haar und • ahm man denkt sich auch nicht das er Kroate ist man denkt sich eigentlich er kommt ganz woanders her aber er ist halt eben leider oft/ • oft schon im im jüngsten Kindesalter leider diskriminiert worden das fing so an das die Eltern teilweise gemeint haben „bitte spielt nicht mit ihm!“ zu ihren eigenen Kindern ((ea)) ahm ja also alles mögliche und ich bin auch eben in der schule dann • des öftern von meiner Lehrperson ((ea)) sag ich jetzt auch mal diskriminiert worden in/ • in diesem sinne ahm das war halt eben als meine mutter mich ins Gymnasium anmelden wollte und • meine Lehrerin damals auch/ • mich vor der ganzen klasse angeschrien hat ahm • wie ich auf die Idee kommen konnte das ich mich ins Gymnasium anmelde weil • ich das eh nie schaffen werde zum beispiel • ahm genau.
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I: und kann dir • also kroatisch oder deutsch oder englisch ein Heimatgefühl geben?
M: • • ((ea)) ich glaub wenn dann kroatisch vielleicht • weils halt eben doch irgendwie • eben/ • eben die sprache ist die ich auch • mit meinen verwandten dann spreche ((ea)) aber jetzt wirklich an einem Ort gebunden eigentlich eher nicht würd ich sagen.
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Im Interview mit der Bosnisch-sprachigen Person wird dieser Zwiespalt auch gut deutlich:
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B: ((ea)) es is ein teil von mir den ich glaub ich ganz ganz lang versucht hab zu unterdrückN oder wegzubekommn ((ea)) irgendwann kam dann die an / einsicht okay sowas kann man gar nicht ahm wegbekommn ((ea)) es wird immer so sein dass ich ein migrationshintergrund hab • • ahm es is • was was ich ganz ganz lange nUr negativ asoiziert hab • vor allem weil ich recht konservativ / in nem konservativen örtchen aufgewachsen bin ((ea)) ahm wie ich dann anch wien gezogen bin wo halt einfach multi kulti ahm herrscht • hat es sich dann doch auch ahm • positiver entwickelt weil ich da gemerkt hab okay • ((ea)) es gibt ganz ganz viele geschäfte wo • ((ea)) wo ich halt auch einkaufen gehen kann wo ich die lebensmittel ((ea)) ahm kenne es kamn dann auch andere reaktionen wie beispielsweise "oh cool ((ea)) ahm da war ich noch nie erzähl mal wies unten is" öh sachen die ich in meiner kindheit oder frühen jugend nie erfahren hab
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In diesem Interview wird auch der Bezug zur Erstsprache dargestellt, die in diesem Fall ein österreichischer Dialekt des ist, welcher mit dem Heimatort in Salzburg verbunden ist.
​I: okay • und was bedeutet heimat für dich in bezug auf sprache?
B: ja doch da ich ebn / heimat is ebn das wo man aufgewachsn is und ich würde auch meine erstsprache als dialekt ahm bezeichnen • deswegen wär für mich / heimat is auch irgendwo ((ea)) dER ort wo man DIese sprache spricht was man auch irgendwo als erstsprache definieren würde • für sich selbst
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Die bosnische Interviewpartnerin hat dargestellt, wie ihr Name Auswirkungen auf die Reaktionen ihres Umfelds hatte und welche Konsequenzen dies für sie hatte:
I: • ahm du hast ja auch keinen österreichischen namn • das weiß ich (lacht) hat das irgendwann (lacht) • ((ea)) hat das irgendwann probleme für dich gemacht oder hast du eine bestimmte verbindung mit herkunft und name vielleicht oder • wie stehst du dazu
B: ahm • ((ea)) ich glaube es gibt n paar sachen die ich meinen eltern nie verzeihen werde und dazu gehört die auswahl von meinem namen • ((ea)) eigentlich hätt ich lydia heißen sollen das wär mir um einiges lieber gewesen ((ea)) ahm • es is sehr sehr schwierig wenn man in einem sehr • • m konservativen ort aufwächst wo halt alle maria eva oder elisabeth heißen und man selbst bozana • ahm es wär nicht so schlimm wenn man meinen namen normal aussprechen könnte die schreibweise unterscheidet sich jedoch durchaus von dem wie mans dann ausspricht ((ea)) was dann immer dazu führt dass dass fragen kommen und diese fragen hätt ich mir vor allem als kind oder oder als junge erwachsene gern gespart im sinne von • "wo kommst du denn EIGentlich her?" ahm
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